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Edition Mordstage

 

Die Edition Mordstage hat sich zum Ziel gesetzt, bemerkenswerte Schweizer Kriminalromane neu aufzulegen. Auswahlkriterien sind die gattungsspezifische, literarische und/oder historische Bedeutung eines Textes.

Die Originaltexte werden durch ein literaturhistorisches Nachwort und durch biographische Texte sowie zugehörige Fotos ergänzt.

Die Edition Mordstage wird betreut von Paul Ott und Kurt Stadelmann.

Bisher sind in der Reihe „Schweizer Texte“ und in der „Edition Mordstage“ erschienen:

Jodocus Donatus Hubertus Temme: Der Studentenmord in Zürich. Criminalgeschichte. Schweizer Texte, Neue Folge, Band 23. Zürich 2006: Chronos Verlag (Neuausgabe des Originals aus dem Jahr 1872):

«Am 4. November 1835 machte der Milchträger Heinrich Wydber von Unterbeinbach seinen gewohnten Weg über die Wallishofer Allmend durch das Spitalhölzli nach Zürich, um hier seine Milch zu verkaufen. Es war gegen sieben Uhr, als er durch das Spitalhölzli ging. (...) Am Fusse der Anhöhe, die er zur Fortsetzung seines Weges hinaufsteigen musste, sah er einen Mann auf dem Boden liegen, dicht neben dem Wege, nach dem Flusse hin. Er dachte, es sei ein Betrunkener, kümmerte sich daher nicht weiter um ihn und setzte seinen Weg fort.» 

So beginnt «Der Studentenmord in Zürich» von Jodocus Donatus Hubertus Temme, dem meistgelesenen Krimiautor seiner Zeit. Der vermeintlich Betrunkene ist in Wahrheit auf geheimnisvolle Weise ermordet worden und wird als ein deutscher Student namens Ludwig Lessing identifiziert. Ein politischer Mord? Lessing jedenfalls soll in regem Kontakt gestanden haben mit deutschen Flüchtlingen, die nach der gescheiterten Revolution von 1830 in die Schweiz emigriert waren. 
Temme selber verstand seinen «Studentenmord in Zürich» als Wiedergabe eines «Kriminalprozesses über einen politischen Mord, der noch immer in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt» sei. Der auf Tatsachen beruhende Fall wird akribisch nachgezeichnet, Lessings Lebensumstände skizziert und die letzten Lebenstage anhand von Gerichtsakten und Zeugenaussagen rekonstruiert. Das ergibt insgesamt mehr als bloss die literarisch verarbeitete Wiedergabe eines Kriminalprozesses: Der Studentenmord in Zürich zeichnet ein sorgsam gestaltetes Sittenbild der Schweiz aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 
Als literarisch verarbeitete Gerichtsberichterstattung zählt der «Studentenmord in Zürich» zu den Vorläufern des modernen Kriminalromans, der mehr bietet als das blosse Lösen eines detektivischen Rätsels à la Poe oder Conan Doyle.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stefan Brockhoff: Musik im Totengäßlein. Schweizer Texte, Neue Folge, Band 25. Zürich 2007: Chronos Verlag (Neuausgabe des Originals aus dem Jahr 1936):

«Wienert sog gleichmässig an seiner kalten Pfeife. Für seelische Tragödien hatte er wenig Sinn. Ihn interessierte der Fall, aber nicht seine Hintergründe. Was in den Menschen vorging, kümmerte ihn nur, wenn es zur Aufhellung beitragen konnte. Er war durchaus nicht herzlos, aber in den langen Dienstjahren hatte er sich rein sachliche Korrektheit angewöhnt.» 

Kriminalkommissar Wienert, der Gegenentwurf zu Glausers Wachtmeister Studer, kehrt in die literarische Landschaft zurück! Und mit ihm das Basel der Dreissigerjahre. 
Das Totengässlein ist ein ruhiges, abfallendes Stück Strasse. Doch dreimal in der Woche wird die Ruhe unterbrochen und es ertönt der falsche und scharfe Klang eines Leierkastens. Borro mit seinem grünen Papagei hinkt die Stufen herauf, setzt sich auf den flachen Brunnenrand und spielt seine melancholischen Lieder – und unermüdlich krächzt der Papagei sein «Danke schön». 
In derselben Stadt am Rhein mit einer bedeutenden chemischen Industrie geschäftet Hermann Kampschulte im Weinhandel und Immobilienbereich; ihm gehören fast alle Häuser am Totengässlein. Auch Kabarettbesitzerin Trude Schottler, sehr blond und mit unverheirateten 39 Jahren seit drei Wochen in eigenartiger Schwäche dem Barmixer Kurt Allmers verfallen, betreibt hier ihr «Odeon». Kampschulte und Schottler stehen in mehrfacher geschäftlicher Beziehung. Als Kampschulte eines Tages tot im Büro der Schottler entdeckt wird, tritt Kommissar Wienert auf den Plan. Der Polizeiarzt stellt fest, dass Kampschulte nicht an den vom Barmixer Allmers verabreichten Fusstritten gestorben war, sondern vergiftet wurde. Eigenartigerweise führen alle Spuren ins Totengässlein …

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Altheer: Die 13 Katastrophen. Schweizer Texte, Neue Folge, Band 31. Zürich 2010: Chronos Verlag (Neuausgabe des Originals aus dem Jahr 1926):

Die Geschichte des Schweizer Kriminalromans steckt noch in den Kinderschuhen, als Paul Altheer zur Feder greift und den Detektivroman "Die dreizehn Katastrophen" schreibt. Wie der Titel andeutet, wird mit Bob Stoll ein Detektiv in die Welt gesetzt, der zwar schlau kombiniert und von Schauplatz zu Schauplatz hechtet, dem aber das Pech an den Fersen klebt und der am Ende, obwohl er den Fall aufklärt, mit ansehen muss, wie der Schurke ungeschoren davonkommt. 
Altheer ironisiert hier dreissig Jahre vor Dürrenmatts "Versprechen" mit spritziger Leichtigkeit ein Genre, dessen Tiefen man allenthalben erst auszuloten beginnt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kaethe Baumann: Achtung Überfall. Bern 2014: Edition Mordstage (Neuausgabe des Originals aus dem Jahr 1945):

Am 4. Dezember 2014 jährt sich zum 100. Mal der Geburtstag der Autorin Kaethe Baumann. Eine Gelegenheit, einen ihrer Romane neu kennen zu lernen, denn es ist der erste Krimi, der in der Schweiz von einer Frau geschrieben worden ist, erschienen 1945: „Achtung Überfall“. 

Ihr turbulentes Leben begann in Elberfeld/Westfalen und führte Kaethe Baumann über das Emmental und Zürich nach Lutry am Genfersee, vor sie 1995 verstorben ist. Die Details entnehmen Sie bitte dem beiliegenden biographischen Nachwort. 

Neben einer Tätigkeit als Journalistin und Übersetzerin hat Kaethe Baumann auch vier Romane veröffentlicht, deren ersten wir hier zu ihrem Jahrestag neu auflegen. Aus dem Nachwort zu „Achtung Überfall“: „Zwar erinnert die Struktur des ersten Romans an die Vorbilder der Crime Ladies aus den Zwanziger- und Dreissigerjahren, die Kaethe Baumann ausgiebig gelesen hat. Wir haben es hier aber durchaus mit einer originellen Variante zu tun, indem die Autorin den Gentleman-Detektiv bei Agatha Christie sozusagen ausser Kraft setzt und die Rolle der Polizei in den Hintergrund rückt. Dafür erkennen wir in der Umkehrung der Verhältnisse als Identifikationsfigur einen vermeintlichen Gentleman-Verbrecher.“ 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Justus Imfeld: Die Rückkehr des Herrn de Mourbach, Der merkwürdige Mordfall Manata. Bern 2016: Edition Mordstage (Erste Buchausgabe der Originale aus dem Jahr 1953 – Justus Imfeld war ein Zeitgenosse von Friedrich Dürrenmatt):

,,Die Rückkehr des Herrn de Mourbach“ ist eine Entdeckung. Anfang der 50er-Jahre geschrieben — also zeitgleich mit den Kriminalromanen von Friedrich Dürrenmatt — atmet der Text den Zeitgeist. Ein Landarztkrimi, verfasst von einem weithin bekannten Stadtarzt. Liebevoll und nah bei den Menschen ermittelt Balthasar Gerber in der Gegend um Biel.

Vor dieser Veröffentlichung existierten die Texte nur als Typoskript.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gustav Renker: Schicksal am Piz Orsalia. Bern 2016: Edition Mordstage (Neuausgabe des Originals aus dem Jahr 1946):

Der Roman „Schicksal am Piz Orsalia“ spielt gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im Tessin, im Walserdorf Bosco Gurin. Dort verrichten zwei Bündner Grenzwächter ihren Dienst. Im Laufe des Kriegs werden aus Schmugglern Fluchthelfer. Als die SS im Val d’Ossola auf jüdische Flüchtlinge schiesst, müssen die Menschen Stellung beziehen. Die Fragen nach Krieg, Flucht und dem Schicksal des Einzelnen in schweren Zeiten werden für die Schweiz in dringlicher Art gestellt. Sie sind heute wieder gültig und geben diesem Roman von Gustav Renker eine bedrückende Aktualität.